Es war kalt, nass und noch über 5 Stunden Zeit, bis mein Zug Richtung Italien losfuhr.
Ich verbrachte die Nacht am Bahnhof, untergestellt, um mich vor dem Regen zu schützen,
und fragte mich, „warum machst du das?“ Die Antwort wusste ich auch dieses mal nicht. Kurz darauf suchte ich schon wieder nach weiteren Spielen in einer Tageszeitung. Italien war schon mal klar und da an diesem Montag auch nur ein Spiel stattfand, brauchte ich mir auch nicht die Mühe zu machen, ein Spiel rauszusuchen. Das viel versprechende Spiel zwischen Padova1910 und dem zum Zwangsabstieg verdonnerten F.C. Genoa1893 stand auf dem Plan. Wie der Zugverlauf nach Italien verlief, weiß ich gar nicht mehr und kann demzufolge nicht interessant gewesen sein. Meine Erinnerung setzt wieder ein, als ich mit dem Bus zum Stadio Euganeo fuhr und mich ein älterer Mann fragte, wo das Stadio Euganeo sei? Mir war sofort klar, dass es sich um einen deutschen Groundhopper handelte, dessen Alter mich allerdings erstaunte. Sollte ich auch mal so enden? Mit fünfzig noch durch die Gegend Fahren? (Wieso nicht! ?) Wir kamen ins Gespräch und ich musste leider feststellen, dass er aus Berlin kam, dessen Dialekt ich so schön finde wie Lev’s Innenstadt. Das soll keine Beleidigung sein, sondern eher der Drang ewig Kalauer zu produzieren.
Am Stadion angekommen, machte sich der stark linkspolitische Berliner an die Padova Ultras heran und verwickelte sie in Gespräche über die Politische Lage in der Szene. Es erfreute ihn, dass so viele mit dem Namen „ Amnestie“ auf dem Kapuzenpulli herumliefen, was bei genauer Betrachtung sich aber als „Amnesie“ herausstellte, was auch den Joint unter dem Schriftzug erklärte. Das Spiel war gut besucht und es gab eine Coreo der Padova Ultras zu Beginn des Spiels. Am Ende stand es 1:1. Vom Stadion bis zum Bahnhof war es ein gutes Stück und da kein Bus mehr fuhr und es auch keiner für nötig hielt, uns mitzunehmen, machten wir noch einen Abendspaziergang durch Padovas Gassen.
Gemeinsam nahmen wir den Nachtzug Richtung Süden. Der Zug war schon gerammelt voll, sodass wir die erste Klasse aufsuchten, um dort zu Ruhe zu kommen. Leider war es dort kaum leerer und da ich nicht im Sitzen schlafen konnte, machte ich es mir im Gang bequem.
Meine Fahrt endete in Rom, da ich mir das Spiel zwischen Ternana Calcio und Cesena für diesen Tag ausgesucht hatte. Der Berliner wollte sich ein Spiel in Sizilien ansehen und fuhr weiter. Von Rom ging es dann also nach Terni, wo ich bereits vor vier Jahren ein Spiel gesehen hatte. Damals war ich von den Ultras (Freak Brothers) so begeistert, dass ich immer mal wieder hin wollte. Das Wetter war bestens, sodass ich mir die Stadt ansah und noch genügend Zeit hatte, mal wieder einen Waschsalon aufzusuchen. Ich fand den perfekten Laden für einen Hopper! Waschsalon, Internetkaffee und Fernsehapparat. Alles in einem Geschäft.
Vor dem Spiel kaufte ich mir noch Souvenirs (Trikot und Ultrashirt); zum Dank bekam ich noch ein Dutzend Aufkleber und einen Schlüsselanhänger gratis dazu.
Das Spiel verlief nicht gerade nach Plan, denn Cesena gewann verdient mit 3:0. Die Nacht verbrachte ich wieder im Freien. Am nächsten Morgen ging es wieder Richtung Norden zum Spiel Udinese Calcio gegen Juventus. Die Enttäuschung war groß, da ich mehr erwartet hatte. Das Friuli war nicht gut gefüllt und der Turiner Block war mit 150 Leuten doch mager besetzt.
Zum Schluss gewann natürlich wieder Juve. Schon wieder musste ich mir die Nacht vertreiben, denn nach dem Spiel ging kein Nachtzug mehr. In einer kleinen Kneipe schaute ich mir die Zusammenfassung des Spieltags im Fernsehen an. Als ich Muselinie an einem Wandkalender entdeckte, hielt ich es für besser, das Lokal zu wechseln. Das einzige, was noch aufhatte, war ein Pup, wo ich bis 4 Uhr die Stunden totschlug. Gegen 7 Uhr ging es dann über Mailand nach Basel, wo es zum Spiel FC Basel gegen Young Boys Bern kam.
Vom Bahnhof zum St. Jakop- Park war es nicht sehr weit und ich kam gute 2 Stunden vor Spielbeginn an. Auf beiden Seiten war sehr gute Stimmung und das Spiel war erste Klasse. 1:1 hieß es am Ende, was zur Folge hatte, dass es draußen am Gästeblock zu kleinen Ausschreitungen kam.
Diesmal hatte ich Glück, da noch ein Nachtzug rüber nach Frankreich fuhr und ich nicht wieder draußen oder in irgendwelchen Kneipen die Nacht verbringen musste. Früh am Morgen traf ich in Amiens an. Eine kleine Stadt nördlich von Paris. Da nach dem Spiel zwischen Amiens SC und U.S.Creteil kein Nachtzug mehr fuhr, blieb mir wieder nur das Freilufthotel. Diesmal direkt am Bahnhof. Das Stade de la Licorne war ein neu gebautes Stadion, was nicht schlecht war für einen Zweitligist! Der Endstand, 1:0 für die Heimmannschaft.
Am nächstem Morgen ging es mit dem Zug runter nach Le Mans, wo ich beschloss, eine Jugendherberge aufzusuchen. Im nahe gelegenen Stadtzentrum befand sich das Touristenbüro. Von dort bekam ich die genauen Informationen über die günstigste Herberge in der Stadt. Mit Hilfe eines Stadtplans begab ich mich zur genannten Jugendherberge. Dort angekommen erfuhr ich, dass diese bereits ausgebucht sei und es keine Möglichkeit gäbe, mich unterzubringen. Man erklärte mir noch den Weg zu einem Nahe gelegenem Kloster, wo man mich bestimmt unterbringen konnte. Mit einer Scheiß Laune begab ich mich zum nahegelegenen Kloster, wo mir schon im Gang ein Uriengeruch in die Nase stieg. Im Büro fragte ich dennoch nach dem Preis, der allerdings so hoch war, dass ich höflichst verneinte.
Mit einem letzten Versuch ging ich zurück zum Touristenbüro, um abermals nach einer Herberge zu fragen. Mir wurde das Kloster angeboten, in dem ich vor 10 Minuten schon war. Die wirklich nette Dame gab sich wirklich allerhöchste Mühe. mich noch kostengünstig unterzubringen, was aber an meinem Budget scheiterte. Am liebsten hätte ich gefragt, wo das Problem sei, bei ihr auf dem Chaiselongue zu pennen? Total erschöpft kam ich am Stade Leon Bollee an, wo die Begegnung zwischen Le Mans UC 72 und Paris Saint- Germain stattfinden sollte. Das Topspiel, was „nur“ auf den Rängen stattfand, erwies sich als Nullnummer. In einer nahegelegenen Kneipe, wo ich auch meinen Rucksack vor dem Spiel abgegeben hatte, trank ich noch etwas und begab mich dann wiederum ins Freie zum schlafen.
Am darauffolgenden Tag entschied ich mich für das Spiel FC Nantes Atlantique gegen Olympique Lyonnais. Die Gäste brachten nicht mehr als 200 Fans mit, was aber der Stimmung nicht schaden sollte. Es war ein gutes Spiel, das Lyon mit 1:0 gewann.
In dieser Nacht brauchte ich meinen Schlafsack nicht, da mich ein Nachtzug Richtung Süden brachte. Sete (etwa 50 km von Montpellier entfernt) war das Ziel. Das Derby zwischen F.C. Sete 34 und SC Montpellier (letzter „großer“ Internationaler Auftritt vom FC) sollte doch für einige Neugier sorgen.
In Sete angekommen, traf ich meinen Berliner Freund am Bahnsteig wieder. Er erzählte mir, dass ein Spiel, das er sehen wollte (weiß nicht mehr wo) wegen Mückenplage abgesagt werden musste. Zum Glück war das Spiel heute ungefährdet. Wir gingen zur Touristeninformation und erkundigten uns nach einer preiswerten Unterkunft. Da Sete direkt am Meer liegt und viele Touristen anlockt, wimmelte es nur so von kleinen Hotels.
Wir entschlossen uns für ein kleines Hotel im Zentrum der Stadt, wo wir ein Zimmer mit zwei Betten bezogen. Da der Berliner noch einen anderen Deutschen- Hopper für das Spiel heute Abend erwartet hatte, hätten wir uns das Zimmer sogar zu dritt teilen können. Den Nachmittag verbrachte ich am Strand. Das Wetter war perfekt und ich kam mir vor wie im Urlaub (bin aber nur wegen dem Spiel dort gewesen!!!). Auf dem Weg zum Stade Louis Michel sah man etliche Fans aus Montpellier in einem Autokorso durch die Stadt fahren. Sie führten sich auf, als hätten sie schon gewonnen.
Am Stadion trafen wir dann den angesprochenen Deutschen- Hopper der sich natürlich schon in der Jugendherberge einquartiert hatte. Das Derby war nicht ganz ausverkauft, dennoch war die Stimmung auf beiden Seiten gut. Da der F.C. Sete mit 2:0 gewann, gab es noch einige Ausschreitungen im Gästeblock. Bengalen flogen aufs Spielfeld und die Bullen stürmten den Block. Nach Spielende leerten wir noch eine Flasche Wein und taumelten zum Hotel.
Am nächsten Tag trennten sich unsere Wege wieder. Der Berliner fuhr nach Spanien und ich begab mich wieder Richtung Norden (Paris). Dort fand nämlich das QL. Spiel zwischen Lille OSC und Villarreal statt. Aufgrund der Sicherheitsbestimmung wurde das Spiel im Stade de France ausgetragen. Nicht die beste Gelegenheit, den Ground zu machen, aber besser als Nix. Auf den Rängen war es sehr ruhig. Ein Spruchband gegen den Stadionwechsel wurde präsentiert, das war auch schon alles. Vielleicht 25000 Zuschauer wollten sich den Kick anschauen. Aus Spanien so ca. 200, die aber auch ruhig blieben. Zur Krönung gab es dann noch ein 0:0. Vielleicht hätte ich mir den Ground doch für etwas Größeres aufheben sollen. Die Nacht nach dem Spiel verbrachte ich im nahegelegenen Spielplatz.
Das nächste QL. Spiel, was ich mir anschaute, war in Brüssel. RSC Anderlecht gegen Real Betis. Wieder kein Knaller, dafür schon das 12. Spiel hintereinander. In Brüssel angekommen, begab ich mich vom Bahnhof direkt in die Innenstadt zur Touristeninformation, um nach der billigsten Herberge zu fragen. Ich hatte Glück, denn dort war noch ein Zimmer frei und es machte mir auch nichts aus, dass die Jugendherberge von außen wie ein Knast aussah. Das Gebäude lag mitten in einem Moslemviertel, worauf mir ein Zimmerkollege riet, sich nicht hüllenlos am Fenster zu zeigen, da es nicht gern gesehen würde. Niedergeschlagen vermied ich es diesmal, ungekleidet im Zimmer herumzulaufen. Am Stadion traf ich noch FC Kollegen, die auf dem Weg zur Bank waren, da der Schwarzmarkt so teuer war. Ich tendierte schon nach dem Spiel, mit den Kollegen im Auto nach Hause zu fahren, hatte aus zwei Gründen aber abgelehnt. 1. Grund: Hatte mich schon in der Jugendherberge einquartiert und hatte vielleicht doch noch vor, mich entkleidet dort zu zeigen. Der 2. Grund, morgen gab es noch ein Spiel in Holland anzuschauen.
Das Spiel und die Stimmung war heute besser als am Tag zuvor. Betis gewann im Edmond Machtens- Stadion mit 1:0.
Das letzte Spiel, was ich auf dieser Tour sah, war Willem 2 gegen AS Monaco im Uefa- Cup.
Mein 13. Spiel hintereinander und das 24. insgesamt.
Pünktlich kam ich im Willem 2 Stadion an. Monaco gewann hochverdient. Die ganze Zeit machte ich mir schon Gedanken, wie ich nach Hause kommen sollte. Ein Zug fuhr an diesem Abend nur noch zur Grenze. Dort angekommen stellte ich mich am Ortsausgang an eine Tankstelle und versuchte mein Glück als Tramper. Ich staunte nicht schlecht, als jemand mit HG (Bad Homburg) Nummernschild hielt. Zwei Geschäftsleute waren auf den Weg nach Hessen. Das blöde war nur, dass sie mich nicht mitnehmen wollten, was sich blitzschnell änderte als ich anbot, mich am Spritgeld zu beteiligen. Zwischen Frankfurt und Friedberg wurde ich dann auf einem Parkplatz rausgelassen. Mein Fahrer machte sich dann doch Sorgen und meinte, dass es vielleicht etwas gefährlich sei, ganz allein um 2 Uhr nachts auf einem Autobahnparkplatz. Ich versicherte ihm, dass es für mich kein Problem sei und ich vielleicht noch Party machen würde.
Gute 15 km von daheim entfernt stand ich nun dort, brauchte aber nicht lange zu warten, bis das erste Auto anhielt. Ich wurde zwar nicht mitgenommen, hatte aber Hoffnung, dass weitere Autos anhalten würden. Das zweite ließ nicht lange auf sich warten und nahm mich bis zur Autobahnabfahrt Butzbach mit. Von dort aus waren es noch 15 Minuten zu Fuß, bis nach Hause.

Bis dann
Manu