Es war der 1. September 2005, als ich mit dem
Interrail-Ticket von Butzbach nach Budapest abreiste.
Dieses Jahr hatte ich mir das Global Ticket
(alle Länder) für 385 Euro geleistet.
Es war das Länderspielwochenende
und Ungarn spielte gegen Malta. Freitags die U21 und Samstag die 1.Mannschaft.
Ursprünglich wollte ich ja in die Schweiz, was aber der Abschiedsparty
mit zu viel Äbbler zum Opfer viel.
Die Anfahrt führte über Basel nach Budapest. Das Wetter war sehr angenehm
und ich war guter Dinge.
Das U21 Spiel fand im Illovzky Rudolf Stadion statt. Der Eintritt war frei,
trotzdem durften es nicht mehr als 500 Zuschauer gewesen sein ! Etwa
5 Jugendliche sorgten für Stimmung.
Das Spiel endete 2:0 für Ungarn.
Lothar Matthäus verließ den Ground 10 Minuten vor Schluss, was mich
um ein Autogramm brachte.
Nach einer Nacht im Park ging es schon früh los zum U17 Spiel zwischen
Honved gegen Györi im großen Bozsik Stadion.
Es sollte das zweite Spiel ohne Eintrittskarte werden.
Der Höhepunkt des Tages war am Abend das Spiel der A-Mannschaft. Im Szusza
Ferenc Stadion gelang Ungarn ein klarer 4:0 Sieg. Die Stimmung im halb leeren
Stadion war sehr gut und Lothar (diesmal bis zum Schluss) hatte seine Freude!
Neben mir saß ein junger Reporter, der mir eindrucksvoll zeigte, wie man
die Sonnenblumenkerne isst und nicht, wie ich, nur die Schale. Wir tauschten
meine Kerne gegen seine Chips.
Eine weitere Nacht im Freien wollte ich mir ersparen, also begab ich mich in
ein Treppenhaus eines Wohngebäudes um zu ruhen.
Am Sonntag machte ich mich in das ca. 60km südlich von Budapest gelegene
Dunaujvaros.
Mit meinem großen Reiserucksack angekommen, saß ich auf der Tribüne
und merkte so gleich die Blicke der anderen Zuschauer. Das 2. Liga Spiel Dunaujvarosi
FC gegen Budakalaszi war nicht grad der Bringer.
Nach dem Spiel ging es wieder zurück nach Budapest. Von dort aus sollte
es mit dem Nachtzug nach Sofia gehen.
Ich fragte am Fahrkartenschalter nach Schlafabteilen für den Direktzug
nach Sofia. Daraufhin wurde mir verständlich gemacht, dass es heute keinen
direkten Zug nach Sofia gäbe. Nach ewigem Fragen, Landkarte zeigen und
langsam aufkommende Angst, bekam ich heraus, dass es wegen der starken Regenfälle
und Überschwemmungen in den letzten Tagen zu unbefahrbaren Abschnitten
käme. Die Fahrkartentante freute sich, als sie mir meine zwei Möglichkeiten
erklärte:
Möglichkeit 1. : Mit dem Zug
bis Kiskunfelegyhaza, dann den Rest mit dem Bus nach Sofia.
Ich fragte sie, ob es mit dem Bus auch stimmen würde. Ihr ja war mir nicht
sicher genug.
Möglichkeit 2. : Mit dem Nachtzug
nach Bukarest und von dort mit einem weiteren Nachtzug nach Sofia!
Ich sah das U21 Spiel am Dienstagabend
in nicht mehr zu erreichende Ferne rücken und dachte an das Umgestalten
meiner geplanten Absichten. Vielleicht in die Schweiz oder nach Österreich?
Noch war Zeit und ich bat um Bedenkzeit. Ich behielt kühlen Kopf und ging
alles noch mal in Ruhe durch. Als ich mir sicher war, dass es von der Zeit klappen
müsste, beschloss ich mit dem Nachtzug über Bukarest und von dort
nach Sofia zu fahren. Da es mir praktisch und sicherer erschien als mit dem
Bus.
Am Montag morgen in Bukarest angekommen, machte ich mich gleich daran herauszufinden,
ob nicht ein Montagsspiel um die Mittagszeit stattfinden würde. Nachdem
die Bemühungen schnell abgehakt waren, beschloss ich, mir die Stadt anzusehen.
Viel Verkehr und auch große Armut herrschte in Bukarest!
Einzig der große Brunnen im
Zentrum lud zum verweilen ein.
So gegen 18 Uhr kehrte ich zum grandiosen Bahnhof zurück. Der Zug nach
Sofia hatte über 2 Stunden Verspätung, was mich gar nicht mehr verwunderte.
Die Nächte in den Zügen waren vom Feinsten, da immer
wenig los war und ich meistens das ganze Abteil für mich alleine hatte.
Etwa gegen 10 Uhr kam ich in Sofia am Hauptbahnhof an. Am Bahnsteig sah man
schon die ganzen Rucksacktouristen aussteigen. Schnell kam ich mit einer Gruppe
Schotten ins Gespräch und wir wurden von einem Päarchen angesprochen,
die uns fragten, ob wir eine Übernachtungsmöglichkeit wünschten?
Ohne die Antwort abzuwarten, saßen wir auf zwei Taxis verteilt Richtung
Innenstadt.
Auf dem Weg dorthin erklärte man uns, dass die Übernachtung umgerechnet
10 Euro kostet, dazu Frühstück + Internet inklusive. In Mitten einer
Einkaufstraße im 3. Stock betraten wir eine vier Zimmer Wohnung, wo wir
auf zwei Räume aufgeteilt wurden. Die Schotten bekamen ihr eigenes Zimmer
und ich wurde zu zwei Französinnen gesteckt, die verständlicherweise
keine Probleme damit hatten, die Bude mit mir zu teilen.
Im Laufe des Tages bekamen wir noch einen Engländer auf's Zimmer, der mir
erzählte, dass er per Landweg in den Irak wollte! Jedenfalls würde
ich das Buch kaufen, sobald es zu erwerben sei!
Weder der Engländer noch die Schotten ließen sich
überreden mich zum U21 Spiel zwischen Bulgarien und Island zu begleiten,
sodass ich mich alleine zum Slavija Stadion aufmachte.
Der Eintritt war zwar wieder für geschenkt, dafür gab es auch keine
Eintrittskarte. Ich setzte mich in die Kurve und ein Mann gesellte sich dazu.
Aufgrund meiner muskulösen Gestalt fragte er mich ob ich aus Island käme?
Als ich verneinte war er enttäuscht, freute sich aber das ich englisch
sprach und erzählte mir das er Dolmetscher sei. Er habe 1 Jahr in Island
gearbeitet. Wir quatschten das ganze Spiel über und waren gar nicht erstaunt
über das 3:1 für Island. Nach Spielende rannte "Herr Dolmetscher
" Richtung Ausgang um mit richtigen Isländern zu reden.
Da ich noch voller Tatentrang war, startete ich noch auf eine Kneipentour, welche
in Sofia sehr angenehm und billig ist.
Angeheitert kehrte ich zur 4- Zimmerwohnung zurück, wo es schon die Runde
machte, dass wir alle wegen Neuankömmlingen morgen raus müssten und
es keine Möglichkeit gebe, eine weitere Nacht dort zu bleiben. In der Tat
wurden wir am nächsten Morgen von 15 Leuten geweckt. Es blieb nur noch
Zeit uns anzuziehen, zu waschen und zu frühstücken. Somit war klar,
dass die schöne 10Euro Übernachtung inklusive Frühstück
+ Internet gestrichen war. Ich bekam noch den Tipp für ein Jugendhotel
in der Nähe.
Dort angekommen war ich so gleich begeistert, denn der Preis war ebenfalls 10Euro,
inklusive Frühstück. Ausgestattet waren die Zimmer wie eine ganz gewöhnliche
Jugendherberge.
Diesmal teilte ich mir das Zimmer nicht mit Frauen, sondern mit Till aus Stuttgart.
Er hatte in Istanbul ein Seminar und war per Anhalter auf dem Weg dorthin. Bis
Sofia hatte er gerade mal 24 Stunden gebraucht.
Ich vergeudete keine Zeit im Zimmer, sondern machte mich gleich auf, um die
Stadt zu besichtigen.
Sofia hat wenig Sehenswürdigkeiten, dafür schöne Viertel mit
wenig Verkehr und netten Einwohnern.
Es musste noch geklärt werden, wie die Verbindung mit dem Zug in die Türkei
ist. Leider musste ich schon häufig feststellen, dass man sich auf Bahn.de
keine zuverlässige Auslandsauskunft einholen kann! Deswegen ist es immer
besser vor Ort nachzufragen. In der Stadt konnte man sich über Bus- und
Zugverbindungen informieren. Ich hatte Glück, die Strecke zwischen Sofia
und Istanbul wurde erst heute wieder freigegeben. Jeden Tag gegen 14 Uhr fährt
ein Direktzug in die Türkei.
Nachdem ich alles erledigt hatte, ging es zum Vassil Levski Stadion. Der Gegner
Island war nicht der größte Zuschauermagnet, sodass es nicht mehr
als 20000 Zuschauer im großen Rund wurden.
Viele Bullen und Soldaten belagerten die Tartanbahn, sogar ein Panzerfahrzeug
war vor Ort!
Im Block angekommen fiel mir gleich ein Paar auf, bei dem ich mir sicher war,
dass es sich um deutsche- Hopper handelte. Ich frage mich immer, warum man allzeit
im gleichen Block sitzt?
Wir kamen ins Gespräch und klärten die wichtigsten Fragen ``was guckt
ihr morgen, wo ward ihr gestern, was ist euer Verein?``
Das Spiel war spannend und Island führte schnell 2:0. In der zweiten Halbzeit
drehte Bulgarien richtig auf und schaffte es kurz vor Schluss noch 3:2 zu gewinnen.
Ich verabschiedete mich von dem Hopperpäarchen (dessen Namen ich nicht
weiß, da es ja nicht zu den wichtigsten Fragen gehört) und ging zur
Herberge zurück.
Am nächsten Morgen musste Till früh raus, da er mit dem Bus Richtung
Autobahn wollte.
Wir verabschiedeten uns und dachten schon, dass wir uns in Istanbul wieder treffen
würden!
Als ich gut gefrühstückt hatte, machte ich mich auf zum Bahnhof von
Sofia. Im Busbahnhof, der direkt neben dran lag, war viel mehr los als am Bahnhof.
Kein Wunder, da die Busse viel schneller und billiger sind als jeder Zug. Am
Schalter erfuhr ich, dass mein Zug nicht um 14Uhr, sondern erst um 19 Uhr losfuhr.
Ich vertrieb mir die Zeit, indem ich das Bahnhofsviertel erkundete. Im Supermarkt
brachte ich mein letztes Kleingeld unter. Nach drei Bier ging ich langsam zum
Bahnhof zurück. In dem nahe gelegenen Park wollte ich meine Blase vom nicht
mehr zu ertragenen Druck befreien. Kaum war ich fertig, vernahm ich auch schon
einen Pfiff. Natürlich dachte ich gleich an Fußball, als ich mich
aber umdrehte und vier Polizisten gemütlich auf mich zuliefen, dachte ich
mehr ans abhauen, was aber Grund meines schweren Rucksacks nicht ratsam war.
Nachdem ich meine Lage erklärt hatte, wurde mein Ausweis verlangt. Ich
zückte erst mal meinen Personalausweis, womit die allerdings nichts anfangen
konnten. Mir war klar, dass sie auf den Reisepass aus waren. Ich tat erst mal
so, als hätte ich sonst nix dabei, was zu einem lauten Tonfall führte.
Um die Lage zu beruhigen, zog ich meinen Führerschein hervor. Die Bullen
freuten sich schon, im Glauben meinen Reisepass in den Händen zu halten.
Sie merkten aber schnell, dass es sich nicht um diesen handelte. Nachdem ich
noch mal beteuerte, dass ich sonst nichts dabei hätte, wurde mir verständlich
gemacht, dass ich mitkommen sollte.
Ich tat ganz aufgeregt und erwähnte, dass mein Zug gleich fahren würde.
Das Beste ist wohl jetzt loszuheulen, was mir aber auf anhieb nicht gelang.
Ich musste auch so schon bemitleidenswert ausgesehen haben, denn die Polizisten
fingen an sich zu beraten. Als sich drei von ihnen schon auf den Weg machten
und der vierte mir meinen Führerschein zurückgab, bedankte ich mich
artig und verzog mich in Richtung Bahnhof. Dort angekommen hatte ich noch mehr
als 4 Stunden Zeit.
Fortsetzung folgt!!!
Im nächsten Bericht: die Türkei, Griechenland und
Mazedonien,
wie ich das Tor des Monats in Griechenland schoss,
wie ich beinahe verheiratet wurde und wie ich von einem Dorf zum König
gewählt wurde.
Bis dann
Manu